Die Große Pyramide

des Königs Cheops in Giza

Die Nebenpyramide

GI-d

Teil II

Der Absteigende Gang in die Nebenpyramide.
Im Hintergrund die Cheopspyramide.

Der Eingang der Pyramide lag nach dem üblichen Muster des Alten Reiches auf der Nordseite [ 1 ], und zwar in dieser erhöht. Der Eingang ist 1,05 m (2 Ellen) breit und neigt sich mit 25° und 28° nach Süden zur Grabkammer hinab. Nach 5,25 m (10 Ellen) endet der Eingang in der Grabkammer - 55 cm über deren Boden (etwa 1 Elle). An den oberen Ecken befinden sich Einschnitte, die zur Aufnahme der Blöcke für Wände und Abdeckung des Absteigenden Ganges dienten.

Blick von Norden auf den Eingang der Nebenpyramide.
Im Hintergrund die völlig freiliegende Grabkammer und Reste des Kernmauerwerks.

Die Grabkammer selbst ist 2,85 m tief in den Felsen des Plateaus geschnitten. Die Kammer mißt von Ost nach West 7,92 m. Von höchster Bedeutung ist die Konstruktionsweise der Grabkammer, die in der Art eines Zeltes an der Nord- und Südseite nach oben hin deutlich einfallende Wände aufweist [ 2 ]! Daraus ergeben sich die Maße für die Ostwand: 3,35 m am Boden und 2,35 m an der Oberkante; für die Westwand: 3,40 m am Boden und 2,45 m an der oberen Kante. Die Zeltimitation dieser Kammer wirft ein völlig neues Bild auf die Architektur der ägyptischen Pyramiden. Die übliche "Formgebung" altägyptischer Baukunst, vergängliche Materialien in Stein zu transponieren [ 3 ], hat nach allgemeingültiger Auffassung keinen Einzug in die Pyramiden gefunden, die damit als "Sonderfall" behandelt wurden [ 4 ]. Diese Ansicht muß möglicherweise revidiert werden.

Die nach oben hin einfallende Ostwand der Grabkammer von Westen aus gesehen.

Möglicherweise weist ein 1 m breiter Einschnitt im Boden der Grabkammer, direkt vor der Mündung des Absteigenden Ganges, auf eine hier eingebrachte Blockierung hin [ 5 ]. Der Einschnitt fällt nach Süden hin um 25 cm ab und endet an einer vertikalen Seitenfläche. Am Westende der Grabkammer gibt es je zwei kleine Löcher im Abstand von 1,45 m an der Nord- und Südwand. Die Rückseiten der Löcher sind rund. Es handelt sich zweifelsfrei um Pfostenlöcher zur Einbringung von Holzbalken. Nach Hawass' Ansicht sollte damit möglicherweise ein Gegenstand abgedeckt werden.

Westwand der Grabkammer mit charakteristischer Zeltform.
Der Türsturz über dem unteren Ende des Absteigenden Ganges
wurde erst im Zuge der Restaurierungsmaßnahmen wieder aufgelegt.

Die ursprüngliche Abdeckung der Grabkammer ist nicht mehr zu bestimmen. Ob hier eine Balkendecke aufgelegt wurde, oder z.B. ein Kraggewölbe, ist nicht mehr bestimmbar. In Anlehnung an die auffallenden Merkmale der Grabkammer wäre eventuell an eine dafür passende Decke zu denken, etwa so wie man ebenfalls im Alten Reich Holzdecken-Konstruktionen der Frühzeit in Stein transponierte [ 6 ]. Die Wände der Grabkammer wurden an keiner Stelle poliert oder geglättet [ 7 ]. Reste von Mörtel am Boden der Grabkammer weisen daraufhin, daß dieser ursprünglich mit einem Kalksteinpflaster ausgelegt wurde.

Auf den Blöcken der Pyramide wurden mehrere Steinbruchmarken entdeckt, über die keine weitere Auskunft erhältlich ist [ 8 ]. Auf der Südseite (=Rückseite) der Pyramide fand sich ein Block des Kernmauerwerks, der in Richtung der Grabkammer eine rote Inschrift aufweist, die imy rsy s3, "which is on the south (back) side" zu lesen ist [ 9 ].

Anmerkungen

[ 1 ] Hawass, Satellite Pyramid, p. 386.
[ 2 ] ibd., pp. 386-387.
[ 3 ] vgl. z.B. Smith, Art and Architecture, p. 54ff.
[ 4 ] Wildung, Ägypten - Taschens Weltarchitektur, S. 7 und für eine sehr gute Einführung 7ff. Ein Exkurs zu dieser Thematik ist in Vorbereitung.
[ 5 ] Hawass, op.cit., p. 387.
[ 6 ] vgl. El-Naggar, Les voûtes à godrons.
[ 7 ] Hawass, op.cit., p. 387f.
[ 8 ] ibd., p. 383, Fig. 4.
[ 9 ] ibd, p. 384.

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