Buchbesprechungen

Hawass, Zahi (Ed.): The Treasures of the Pyramids. Vercelli 2003. White Star Publishers.

ISBN 9-788880-952336

Die Zahl an ägyptologischen Bildbänden ist nicht nur gewaltig, auch die Qualität hat gerade in den letzten Jahren so massiv zugenommen, daß man sich mit einem der besseren Werke aus dieser Kategorie nicht nur ein paar hübsche Bilder ins Haus holt, sondern sich wirklich schon einen wertvollen Background verschaffen kann. Als Beispiel sei hier nur der entsprechende Band von Kent Weeks "Im Tal der Könige" erwähnt, oder vielleicht noch besser T.G.H. James "Ramses II.", das optisch und inhaltlich gleichermaßen eine Show ist. Gefehlt hat bisher nur ein vergleichbares Werk über die Pyramiden, denn über Themen und Gräber primär des Neuen Reiches kann man längst allein mit den dicksten Büchern leicht einen Regalmeter füllen. Einzig das kleiner ausgelegte Buch von Alberto Siliotti über die Pyramiden, das eigentlich gut gelungen ist, kann man dabei aufzählen. Umso größer waren die Erwartungen beim Eintreffen des gigantischen Werkes über die "Treasures of the Pyramids", und weil der Rezensent primär in der Welt der Pyramiden und in der Zeit davor beheimatet ist, und noch aus vielen anderen Gründen, wird daraus eine ungewöhnlich lange und ausführliche Buchbesprechung, und manchmal auch mehr als das.

Unser Buch kommt aus dem selben Hause wie die Bücher von James und Weeks, hat damit das gleiche Format (sehr groß!), primär den selben Fotographen, nämlich Araldo de Luca (der wohl im Moment der angesagteste Ägypten-Fotograf sein dürfte) und ebenfalls ein Vorwort von H.E. Suzanne Mubarak. Schon auf dem Deckel wird dafür geworben, daß die weltgrößten Pyramiden-Spezialisten für dieses Werk ihre Beiträge verfaßt haben, und tatsächlich kann daran kein Zweifel bestehen - wie schon der erste Blick auf die Namensliste beweist. Ins Auge sticht sofort die Zahl und Qualität der Fotos, teilweise doppelseitig und damit größer als DIN A 3. Ebenfalls ins Auge sticht die kleinere Schrift im Gegensatz zu Weeks Buch - wir haben also etwas mehr Text, der sich insgesamt mit den Bildern auf genau 400 Seiten verteilt.

Mein erster Blick ging tatsächlich über die endlosen Reihen an Bildern. Ich wollte das sehen, was man normal nicht sehen kann, das was ich selbst noch nicht gesehen habe, z.B. Fotos aus der Mastaba el-Faraun. Solche gibt es nämlich nicht mit Ausnahme von Jequiers Ausgrabungsbericht - und derer sind es nur wenige in sehr schlechter Qualität; oder etwas vom Innenleben der Königinnenpyramiden der 6. Dynastie mit Pyramidentexten, oder über den aktuellen Zustand des Pyramidentempels des Merenre (überhaupt kein Bild), über die Stufenpyramiden nach Djoser, etc. Diesbezüglich kann man von einer größeren Enttäuschung sprechen, denn nichts davon findet sich in diesem gewaltigen Band. Fotografiert ist in erster Linie das was ist selbst schon gesehen habe und was man vor Ort einigermaßen problemlos ansehen kann oder was in anderen Bänden bereits zu finden ist - teilweise habe ich interessantere Bilder in meinem Archiv. Und damit haben wir den ersten großen Kritikpunkt: es gibt endlose sehr schöne Fotos, und am Können de Lucas gibt es nichts zu rütteln. Die doppelseitige Abbildung des Statue des Chephren aus dem Ägyptischen Museum in Kairo kann man nur übertreffen, wenn man sich mit der Lupe ans Original stellt. Aber die "Schönheit" von Bildern ist nicht dauerhaft ein Kriterium, wenn man sich über archäologische Sachverhalte einen Überblick verschaffen möchte. Dazu zählt auch das permanente Einbringen von Fotos mit Stücken aus dem Ägyptischen Musuem, die mit dem behandelten Thema nicht selten gar nichts zu tun haben und nur die Optik der Seite aufwerten. Da gibt es sogar einen Wiederholungstäter unter den Sinnlos-Motiven, nämlich den Kopf Tutanchamuns, der aus einer Lilie erwächst vor dem Hintergrund einer Erläuterung der Religion in den Pyramidentexten, speziell zur Frage, was die Pyramide symbolisiert. Beinahe möchte man erwarten, daß selbiger sich schüttelt...

Neben diesen krassen Ausfällen wird der Leser mit einigen wirklich phänomenalen Bildern belohnt, die sowohl der Sache als auch dem Auge dienen, z.B. mit den Luftaufnahmen, die sich mehrfach finden (s.u.). Herrlich und zum Teil bisher einmalig sind die Bilder in den Teilen, die sich mit der Frühgeschichte auseinander setzen. Etwas von dem was man sonst selbst vor Ort nicht sieht findet sich bei den Pyramiden des Mittleren Reiches, nämlich z.B. der Eingang in die Pyramide Sesostris III. oder die Bootsplanken zum Steintransport aus Lischt. Eine Sensation sind die Fotos der Reliefs aus den nichtköniglichen Gräbern. Das dürfte mit Abstand das beste sein was man dazu jemals gesehen hat - wirklich atemberaubend! Zusammenfassend muß man dem Buch, dem Bildband(!), die besten Fotos attestieren, die bis dahin zum Thema Pyramiden und Altes Reich jemals in einem Einband vereint wurden. Daß damit nicht alle Wünsche erfüllt wurden, liegt wahrscheinlich in der Natur der Sache und an der eigentlichen Zielgruppe dieses Buches, die sich kaum die Frage stellen dürfte, warum keine Bilder aus den Galeriegräbern in Sakkara zu finden sind (mit Ausnahme eines kurzen Blicks in den Eingang zu Hotepsechemui/Raneb, wie ihn jeder Tourist sehen kann).

Nach der Gattin des ägyptischen Präsidenten ergreift selbstverständlich der Herausgeber Zahi Hawass das Wort. Er erläutert - primär aus seiner persönlichen Sicht - Grundlegendes über die Pyramiden, seine Entdeckungen und spricht über das Zustandekommen des Buches. Das ganze nebst obligatorischem Seitenhieb auf die "New Agers". Es folgt eine ziemlich wertlose Chronologie und dann geht's los mit James P. Allen und "Why a Pyramid? Pyramid Religion". Und da erlebt man Erstaunliches! Allen ist der Autor von zwei der wichtigsten Aufsätze zu diesem Thema, nämlich "The Cosmology of the Pyramids" und "Reading a Pyramid". Beide sind Meilensteine und bringen die Erkenntnis über die Funktionsweise der Pyramiden weit über den bis dahin geltenden Stand hinaus. Zwischenzeitlich sind ein paar Aufsätze und das Buch von Krauss erschienen, die das noch weiter beleuchtet und deutlich verbessert haben und zusammengenommen ergäbe das den tatsächlichen Stand der Wissenschaft zu diesem Thema. Was Allen allerdings hier zum besten gibt hat damit kaum etwas zu tun. Bisweilen ist das konträr zu dem was in seinen Aufsätzen steht. Da muß der Urhügel und der Benben als Grundidee für die Pyramide herhalten. Das widerspricht relevanten Stellen in den Pyramidentexten und lebt nur davon, daß diese völlig beleglose These so oft wiederholt wurde, daß man sie wohl zwischenzeitlich für richtig hält. In seiner Beschreibung des Innenlebens der Pyramiden werden - ob man es glaubt oder nicht - nur die Räume erwähnt, denen er eine Funktion zugewiesen hat, d.h., daß der ungeübte Leser nicht erfährt, daß es dort zwei weitere Räume gibt, einen, den man - wenn auch falsch - als Serdab bezeichnet, und die sog. "Gangkammer". Auch bei der Frage welche Funktion die Grabkammer einnimmt, beharrt Allen weiterhin auf der Duat, obwohl das mit Osing schon seit Jahren geklärt ist: die Texte geben dafür keinen Anhaltspunkt!

Entschieden mehr Licht als Schatten bringt der nächste Beitrag von Vassil Dobrev: "Administration of the Pyramid". Hier geht es um die Pyramidenstadt, die Zentralisierung der Administration, die Phylen (auf die berühmten aus den sog. Entlastungskammern des Cheops sind vollständig abgebildet - wenn auch etwas klein) und eine große Abbildung eines Standardpyramidenbezirks erläutert die einzelnen Teile eines Pyramidenkomplexes. Außerdem gibt es einen ersten Einblick in die zahllosen Graffiti an den Steinen der Pyramide von Pepi I., die Dobrev z.Zt. selbst bearbeitet.

Deutlich umfangreicher ist die nachfolgende Erläuterung Mark Lehners zum Thema "Building an Old Kingdom Pyramid". Der Beitrag gibt fast alles wieder was es zu diesem Thema überhaupt zu sagen gibt (Steintransport, Rampen, Einmessung, etc.) - umgfangreicher als in seinem eigenen Buch über die ägyptischen Pyramiden. Es fehlt eigentlich nur das Thema "Bedrock Cuttings", obwohl er es selbst mehrfach bearbeitet hat, und - wie üblich - jede Menge offene Fragen bezüglich des Baus der Innenräume in der Cheopspyramide" - wobei das zusammengenommen mit einiger Wahrscheinlichkeit ein und dasselbe Thema ist. Gut möglich, daß es zu komplex ist um in einer umfassenden Darstellung den nötigen Platz zu finden. In diesem Beitrag findet man auch zum ersten Mal eine dieser phänomenalen Luftaufnahmen. In diesem Fall wird - ganzseitig - die Chephrenpyramide von oben gezeigt, wo man besonders gut die erhaltene Verkleidung an der Spitze bewundern kann. En hervorragender Beitrag!

Mit "The Architectural Development of the Egyptian Royal Tomb" gibt sich der Herausgeber selbst die Ehre. Aus diesem Beitrag werde ich nicht ganz schlau. Dort stehen eigentlich nur Dinge, die auch an den entsprechenden Stellen in den anderen Beiträgen zu finden sind: ein bißchen Abydos und Sakkara, aus welchen Teilen der Grabbezirk des Djoser in Sakkara besteht, Fragen zur Lage der Residenzen, welche Elemente welche Pyramidenbezirke aufweisen, etc. Was das mit "architektonischer Entwicklung" zu tun hat, weiß ich nicht, und warum Sachverhalte, die im Buch nochmal vorkommen, gesondert und ohne erkennbaren Sinn auf vier Seiten gepackt wurden, auch nicht. Immerhin erfährt man, daß Hawass mit Günter Dreyer bei den Gräbern der 2. Dynastie in Sakkara einen "new plan" macht. Und direkt auf diesen rätselhaften Beitrag folgt noch so einer. Hawass schreibt auf weiteren vier Seiten über die "Architectural Components of the Pyramid Complex". Das hatte im wesentlichen schon Dobrev ein paar Seiten vorher getan, nur daß jetzt die Cheopspyramide das Beispiel ist und Palast, Hafenanlage, etc., eingebunden werden - primär also die Dinge, an denen Lehner gerade in Giza arbeitet. Schade. Ein Beitrag Lehners mit ein paar Bildern aus seiner Arbeit dort wären entschieden besser gewesen als eine schlechte Zeichnung und nicht zum Thema passende Bilder. Und da muß ich dann doch gleich nochmal ein bißchen ausholen: Neben Lehners Entdeckungen fehlen nämlich noch ganz andere Dinge, nämlich etwas aus den geologischen Untersuchungen von David Jeffreys, die einen guten Überblick bieten über die Gegend um die Pyramiden bieten, etwas über Memphis überhaupt, etwas über die Flora und Fauna zur Zeit der Pyramiden (was ja etwas anders ausfällt als heute, und was kaum jemand weiß) und, ja... eigentlich etwas über den Rest Ägyptens zur Zeit der Pyramiden! So wäre z.B. Michel Baud ein guter Kandidat gewesen etwas über die gewaltigen Gräber von Mahasna und Bet Kallaf zu berichten - er hat darüber jüngst eine hervorragende Monographie veröffentlicht -, die schließlich nicht einfach nur direkt mit Djosers Stufenmastaba verwandt sind. Und Hafenanlagen wären generell ein interessantes Thema gewesen, und in diesem Bericht wäre auch ein Foto der Anlagen willkommen gewesen, die Hawass selbst in Giza ausgegraben hat! Das sind die Dinge, die mir beim Lesen der acht völlig verschwendeten Seiten durch den Kopf gegangen sind.

Zum Glück wird man gleich darauf entschädigt, denn Renee Friedman berichtet über "The Predynastic Period". Und obwohl auch die Reihenfolge der Beiträge mehr Fragen aufwirft als Antworten zur Verfügung stehen: hier wird man entlohnt, besonders mit Farbfotos aus Nabta Playa (dem "Stonehenge" der Ägypter aus der vorgeschichtlichen Zeit) und Bildern vom ältesten Tempel Ägyptens aus Hierakonpolis! Bleibt nur die Frage, wann endlich auch die vor- und frühgeschichtliche Zeit Ägyptens einen eigenen Bildband bekommt, der diese Epoche so würdigt wie es ihr auch zusteht!

In einem weiteren sehr ausführlichen Beitrag beschäftigt sich Günter Dreyer mit den "Tombs of the First and Second Dynasties at Abydos and Saqqara". Zunächst fällt gleich positiv auf, daß Dreyer auch ein wenig die Geschichte dieser Epoche bespricht, und genau das fehlt dem Gesamtwerk ebenfalls. Weiterhin kann man sich an den farbigen Bildern berühmter Gräber erfreuen, z.B. an Hor Aha, Den, Khasechemuy - alles gewissermaßen besenrein fotografiert! Daneben gibt es auch die berühmten ältesten Schriftzeugnisse und endlich ein paar Pläne. Und endlich wird auch einmal Architektur besprochen und der Weg zu den Pyramiden aufgezeigt. Dazu gibt es auch die letzte Entdeckung von Dreyer in Abydos, nämlich den Nachweis eines Oberbaus am Grab des Khasechemuy und die logische Konsequenz, daß dies der Anfang der Stufenpyramiden ist (Djoser ist der direkte Nachfolger Khasechemuys)! Die Seiten über die Elitegräber in Sakkara haben die berühmten isometrischen Zeichnungen Emerys als Höhepunkt.
Der interessierte Leser wird die Beiträge von Friedman und Dreyer mit Freude aufnehmen, führen sie doch direkt in die Gegenden, die man auch als hartnäckiger Tourist nicht um die Burg erreichen kann! Hier wird wohl der eigentliche Zweck eines Bildbandes am besten umgesetzt. Der Text vermittelt jeweils den aktuellen Stand.

Und genau hier glänzt auch der Beitrag von Matthew Adams und David O'Connor über die "Royal Mortuary Enclosures of Abydos and Hierakonpolis". Exakte Beschreibungen, Lage- und Detailpläne und Fotos - alles inklusive der neuesten Entdeckungen, die man im richtigen Leben nicht zu Gesicht bekommt. Besonders beeindruckend sind die Bilder der "Archaic Fleet" aus Abydos, den Lehmziegelschiffen neben den Enclosures (dt.: Talbezirke). So gab's die bisher nicht zu sehen. Gelungen sind auch die kontroversen Besprechungen zum Ursprung der Stufenpyramide von Djoser aus den Enclosures in Abydos. Hier ist das Gesamtwerk am besten!

"The Step Pyramids" ist das nächste Thema, und so weit ich sehen kann war dieses Thema in der Vergangenheit immer dem Ausgräber der Stufenpyramide Djosers vorbehalten - Jean-Philippe Lauer. Mit seiner These, nach der die Gräber in Sakkara und nicht die in Abydos die wahren Königsgräber wären, stände er heute doch ziemlich allein. Lauers Nachfolger - zumindest für diesmal - ist Ali Radwan, der Ausgräber der Frühzeitgräber von Abusir. Radwan holt weit aus, beginnt bei der für ihn "überzeugenden" These des ebenfalls bereitsverstorbenen Ägyptologen Hans-Wolfgang Müller, nachdem die Gräber in Sakkara Kenotaphe waren. Mir ist das alles nicht richtig einsichtig, weil sich pro Grab exakt festlegen läßt, wessen Grab das war - und demnach sind die Frühzeitgräber in Sakkara ohne jeden Zweifel die Gräber der obersten Beamten im frühen ägyptischen Staat. Auch Radwan handelt dann zunächst etwas über die Geschichte der 3. Dynastie und korrigert die bisherige Ansicht, nach der Djoser erst der 2. Herrscher in der 3. Dynastie gewesen war. Anlaß ist der Fund des Namens Netjerichet-Djosers im Grab des Khasechemuy in Abydos. Und schließlich gibt es noch ein wenig Imhotep, den Architekten der Anlage, bevor wir eine weitere Einführung in die ägyptische Religion der Pyramidenzeit bekommen. Leider findet man auch dort die altbekannte und leider viel zu weit hergeholte These über Leitern in den Pyramidentexten und die angebliche architektonische Verwirklichung in der Stufenpyramide Djosers. Überhaupt gibt es mir hier zu viel Heliopolis und zu viel Pyramidentexte, in denen der König zum Ach wird. Was davon am Beginn der 3. Dynastie wirklich vorhanden war, ist völlig unsicher. Eigentlich ist es sogar bisweilen ganz unwahrscheinlich. Auch die Anbringung von Osiris in den Bezirk und besonders in die Statuen im Heb-Sedhof überzeugt niemanden, der weiß, daß Osiris zu dieser Zeit noch längst nicht belegt ist und weiß, daß der älteste Osiris diese Gestalt gar nicht angenommen hat. Es mag leicht sein, daß der einfach ntjr genannte Gott später in Osiris aufgegangen ist, aber das ist nicht gleich Osiris und von seinem Wesen weiß man nichts. Die später traditionelle Domäne des Osiris als Herrscher der sog. "Unterwelt" ist nicht einmal in den letzten Pyramidentexten vorhanden. Und somit scheint mir auch dieser Versuch der Erklärung der Pyramidenreligion zum Scheitern verurteilt. Zum Glück nimmt dieser Teil wenig Platz ein und wir kommen direkt zu den erst neulich von Hawass gefundenen Stelen mit dem Namen des Djoser (hervorragende Abbildungen!). Und damit sind wir eigentlich mitten in der Besprechung der Stufenpyramide und des dazugehörigen Bezirks. Die Besprechung ist ausführlich und die Bilder sind gut (mehrere Luftbilder) - auch wenn die Pyramide und das Südgrab scheinbar kein Innenleben haben - jedenfalls gibts davon nichts zu sehen, und das ist wiederum schade, denn dort kommt man als normaler Mensch nicht rein und die Djoserpyramide hat die komplexeste unterirdische Anlage aller ägyptischen Pyramiden und ist einsturzgefährdet! Eine Katastrophe ist die Besprechung der Pyramiden des Sechemchet und der Stufenpyramide von Zawiet el-Aryan: je ein mickriges Bildchen, eine mehr als mäßige Seitenansicht und wenig Text. Das trifft auch für die letzte Seite zu diesem Thema zu, welche die kleinen Stufenpyramiden behandelt: 2 Bilder, kein Plan, kaum Text.

"The Pyramids of the Fourth Dynasty" werden selbstredend von Rainer Stademann abgehandelt. Kurios für den ungeübten Leser: Radwan hatte seinen Lesern gerade die starke Anbindung des Königtums von Djoser an den Sonnenglauben beigebracht, und jetzt schreibt Stadelmann, daß die Form der Grabanlagen unter dem Einfluß des Sonnenglaubens in der 4. Dynastie Änderungen erfuhren. Natürlich hat Stadelmann recht, zumal er sich explizit auf die neue Ostwest-Achse der Pyramidenanlagen bezieht, aber was Radwan schreibt, ist allgemein gültig, auch wenn die Tatsache, daß der Beamte Hesire aus der 3. Dynastie den Re im Namen führt und Djoser eben nicht, doch etwas seltsam anmutet und freilich völlig unklar ist, worin dieser Sonnenglaube in der 3. Dynastie bestanden hat, wenn die Anlagen norsüdlich ausgerichtet sind?! Bald darauf erfährt der Leser, daß die Knickpyramide drei Räume hat, weil die drei Räume beim Aufstieg des Königs zum Himmel eine Funktion haben, und dann steigt der König, tief im Sonnenglauben verankert, zu den Zirkumpolarsternen auf. Wer die Materie kennt, der weiß freilich um die Probleme in dieser Diskussion, aber wer als Neuling zum Thema Pyramiden kommt (Zielgruppe des Buches?) und ein solches Hin und Her zwischen Sonnenlauben und Sonnenglauben und Sonnenglauben mit Zirkumpolarsternen liest, der kann nur verzweifeln! Und diese Verzweiflung zieht m.E. viel größere Kreise und ist nicht auf Anfänger beschränkt. Gemischt mit späten Pyramidentexten, der eingangs nicht befriedigenden Darstellung von Allen über die Pyramidenreligion und mit nicht existierenden Osirisanleihen am Beginn der 3. Dynastie muß man hier zusammenfassend festhalten, daß das, was dieses Buch den Lesern über die Religion in der Pyramidenzeit mitzuteilen hat, knapp an einer Blamage vorbei schrammt! Natürlich existieren diese Probleme und auch die unterschiedlichen Ansichten - von dem was die Literatur sonst noch dazu zu bieten hat (von Rudolph Anthes bis Winfried Barta), will ich gar nicht reden, aber so könnte man nicht einmal in der Wüste Wasser verkaufen! Ein funktionierendes editorisches Konzept hätte das verhindern können, indem man diese ganzen schwierigen Zusammenhänge einmal in einen Aufsatz gepackt hätte, der diese Themen wirklich anspricht. Keiner der Autoren kann da etwas dafür!

Doch wir sind noch immer mitten in der 4. Dynastie und es kann nicht unerwähnt bleiben, daß Stadelmann noch immer der einzige Fachmann auf diesem Sektor ist, der offen eine Funktion der Räume auch in den Pyramiden der 4. Dynastie verteidigt. Nicht, daß daran irgend jemand in jüngerer Zeit noch wirklich gezweifelt hätte, jedenfalls nicht schriftlich, aber es herrscht doch sonst nach wie vor dieses durchgängige Schweigen vor, das über eine Beschreibung der Pyramiden hinaus keinen weiteren Gedankengang zuläßt. Während man sich in der Religion des Alten Reiches bisweilen mit haarsträubenden Deutungen aus dem Fenster wirft (nicht "hängt"), scheint es, als würde man die Pyramiden der 4. Dynastie am liebsten erst gar nicht besprechen wollen. Stadelmann ist ein Segen für das Verständnis dieser Pyramiden - unabhängig davon, ob man nun den Einzelheiten seiner Raumfunktionen folgen möchte oder nicht! Die Sache ist so grundlegend wichtig, daß ich ihn dazu doch selbst zu Wort kommen lassen möchte (S. 123):

    "To the present day, scholars have tried in a broadly positive spirit to attribute the pyramid's three chambers to three successive changes in the design; but it does not do justice to the architects who designed and executed this unique building so perfectly to suggest that in the essential element of the pyramid's constrution, that is the system of tomb chambers, they had proceeded without concept or design. Against this view is a conclusive argument in that the exterior construction and the layout of the chamber system work in perfect accord, and that neither inside nor out is there any suggestion of a change of plan. Recent research has shown that since the Thinite era, royal tombs have had not just a single chamber but a series of three rooms or spaces, whose function has so far been only partially understood."

Von allerhöchstem Interesse sind die Beobachtungen, die Stadelmann aufgrund der neuesten Untersuchungen in den sog. "Modellkorridoren" gemacht hat. Im neu erkundeten, nördlichen finden sich schwache Reste von "quarry marks", nämlich einmal der Name einer Gang wadj "the green one" und möglicherweise die Hieroglyphe prjj "to come out" (Bilder dazu wären sinnvoll gewesen). Stadelmann erfaßt auch noch vor Mark Lehner, der später den Sphinx bespricht, die Gelegenheit seine abweichende Meinung über selbigen zum besten zu geben. Und diese besagt, daß der Sphinx nicht von Chephren, sondern von Cheops errichtet wurde - mit, meiner Ansicht nach, den besseren Argumenten. Besprochen wird noch die Pyramide von Chephren und Mykerinos - Djedefre und Schepseskaf werden an anderer Stelle nachgeholt. Unbedingt erwähnt werden muß noch, daß die Fotos in diesem Teil primär aus den besten Luftbildern bestehen, die ich bisher zu Giza gesehen habe. Dagegen ist die 3D-Zeichnung der Cheopspyramide auf S. 125 eine Frechheit.

Geschlagene 12 Seiten belegt Hawass mit den "Queens' Pyramids of the Fourth Dynasty at Giza". Eigentlich kaum zu glauben, die Hälfte des Platzes, die Stadelmann für die Pyramiden von Medum, Dahschur und Giza zusammen hatte! Um die Sache möglichst peinlich in die Länge zu ziehen, gibt es die Grundrißpläne der zu Cheops gehörigen Königinnenpyramiden auf Seite 141 und nochmal auf Seite 146 - beide absolut identisch! Und Fotos gibts von jeder Pyramide aus jeder Richtung und von halb oben. Könnte man Fotos auch von unten machen, dann gäb's noch zwei Seiten mehr (Fotos von innen gibt's wieder nicht). Am Text gibt's nicht's zu kritisieren - aber wenn das kein Unfug ist, dann weiß ich nicht mehr. Und so geht's weiter: "The Satellite Pyramid of Khufu" von Hawass mit zwei Seiten direkt anschließend - der gesamte Ausgrabungsbericht ist kaum länger! Und dann weitere vier Seiten von Hawass über "The Mystery of Hetepheres". Das muß die wesentlichste Anlage der Pyramidenzeit sein!

Wer glaubt, das Drama sei damit überwunden, der täuscht sich! Ausgerechnet der peinlichen Vorstellung mit dem Roboter in den Schächten und der völlig aberwitzigen Bohrung eines Lochs in den südlichen Schacht widmet Hawass noch weitere vier Seiten! Und dann bekommt man nichts anderes als die x-fach gehörte und durchweg langweilige Story über das Zustandekommen dieses Unsinns. Es gibt keine Zeichnung, keine Fotos, und nur ganz wenig Daten und eigentlich überhaupt keine relevanten Beobachtungen zu dieser Exkursion. Und so war nicht nur die Exkursion sinnlos, sondern auch der Bericht darüber. Und weil das alles nicht reicht, droht Hawass auch gleich noch damit, daß die "Erforschung" dieser Schächte weitergeht. Und das alles geschieht während die Pyramide Djosers kurz vor dem Einsturz steht! Immerhin, wäre zwischenzeitlich das Innere der Mastaba el-Faraun eingestürtzt, so hätten es wenigstens niemand bemerkt! Userkaf ist wahrscheinlich schon eingestürtzt und die Pyramiden von Abusir sind innen längst eingestürtzt! Und so hat sich Hawass entschlossen das Innere der Cheopspyramide durch ein Fotoverbot(!) zu schützen, dort wo es nichts zu schützen gibt. In den umliegenden Gräbern mit herrlischsten Reliefs wird mit Blitz geknipst was nur geht. So schlecht steht's um die ägyptischen Altertümer! Daß lange brachliegende Monumente - trotz erbärmlichen Zustands - bei den zuständigen Stellen niemanden mehr interessieren, das kann man ja nun auch am Bildmaterial dieses Bandes feststellen.

Und weiter gehts mit Hawass, vier Seiten über "The Pyramidion". Endlich gibt es in diesem Teil einmal ein paar wirkliche Informationen von Wert, nämlich die Entdeckung neuer Pyramidia, u.a. eines in einem Magazin, das bereits Firth und Gunn entdeckt aber nie publiziert hatten. Weitere acht Seiten hat Hawass in Beschlag, nämlich für die "Royal Boats at Giza". Der Bericht ist recht interessant, besonders auch wegen der alten Fotos, welche den Zusammenau der Einzelteile zeigen, aber acht Seiten stehen erneut in keinem Verhältnis, auch wenn ich sie bis auf die namentliche Aufführung der Ägyptologen mit Meinungen dazu gern gelesen habe. Übrigens hält Hawass die südlichen Boote für Solar Boats - ohne wirkliche Begründung, Stadelmann hält sie nicht für Solar Boats - ebenfalls ohne Begründung.

Mark Lehner zeichnet für "The Sphinx" verantwortlich, und obwohl ich die Stadelmannschen Auffassungen zu diesem Thema bevorzuge, ist das einer der besten Beiträge in diesem Buch: sehr ausführlich, detailliert (auch über die Geologie), mit großzügigen Plänen, Rekonstruktionen und schier unglaublichen Fotos. Da drin ist eigentlich alles beschrieben was es dazu zu sagen gibt, sogar eine Diskussion zum Thema "Which Came First? Khafre's Valley Temple or the Sphinx Temple?" Die wesentlichen Argumente sind zwar alles andere als neu und schon von Ricke so gemacht, aber Lehner trägt diese und andere Dinge wirklich kontrovers zum Leser hin, das ist es was in diesem Buch hier viel zu selten geschieht. Und es ist allemal besser als bei einem Autor dies und beim nächsten das zu lesen, ohne daß ersichtlich wird, warum. Was wirklich fehlt ist die Auseinandersetzung mit den Ansichten Stadelmanns, und so ist der Sphinx bei Lehner ein produkt Chephrens, bei Stadelmann ein Produkt von Cheops.

So klar wie die Rollenverteilung hier ist, mußte auch Peter Der Manuelian die "Tombs of the High Officials at Giza" besprechen. Bedingt durch die Lawine an den besten Fotos, die man bis dahin jemals dazu gesehen hat, ist das der zweit-längste Artikel des Bandes. Und so steht auch hier das was Der Manuelian üblicherweise dazu vorträgt, nämlich eine kurze Beschreibung der Residenzfriedhöfe im Alten Reich generell mit Fokus auf die größte derartige Anlage in Giza. Dazu gibts ein wenig History, das obligatorische Bild mit Junker, Reisner, Breasted und Borchardt im Mena House mit dem tollen farbigen Plan des Westfriedhofs. Es gibt ein paar Beschreibungen von Gräbern und ein wenig zum Grabinhaber, aber der Text hält sich zum Bildmaterial auffällig zurück. Davon kann man profitieren, wenn man sonst Texte dazu hat, ansonsten fällt negativ auf, daß es von einem Schema abgesehen keinen einzigen Plan eines Grabes gibt, und wer nicht weiß wie so ein Grab in Giza aussieht hat auch nach diesem langen Beitrag keine Vorstellung davon. Angesichts der Tatsache, daß der Text hauptsächlich aus einer sehr guten Beschreibung der einzelnen Bestandteile eines solchen Grabes besteht, ist das etwas verwunderlich. Übrigens baut Der Manuelian mehrfach auf die Zukunft des Internets und die digitalen Medien, um so die weit verstreuten Funde virtuelle wieder zusammen zu bringen und um den ursprünglichen Zustand zumindest virtuell wieder herzustellen. So erfreut wir der Rezensent darüber ist, bisher ist alles was dazu zu sehen war, über den guten Vorsatz nicht wesentlich hinausgekommen. Und das führt gleich nochmal zu einem generellen Kritikpunkt an diesem Buch: hier haben wir die nicht königlichen Gräber aus Giza, später kommen noch die aus Sakkara, aber das Alte Reich, die "Pyramidenzeit", besteht ja nicht allein aus diesen beiden Friedhöfen! Der ganze Rest, und der ist bestimmt alles nur nicht Nebensache, fällt völlig unter den Tisch! Und das ist mehr als einfach nur unglücklich!

In der Sache folgt für mich der beste Beitrag des ganzen Bandes, nämlich Michel Valloggias "The 'Unfinished' Pyramids of the Fourth Dynasty". Und das liegt nicht nur daran, daß die Pyramide Djedefres in Abu Roash dank der Ausgrabungen von Valloggia nicht länger als 'unfinished' betrachtet werden kann, sondern vielmehr an der Beschreibung, den Bildern und vor allem den Plänen, Schnitten, Zeichnungen. Hier findet man auch erstmals ein Bild der neulich entdeckten Nebenpyramide von Abu Roash. Nach Abu Roasch beschreibt Valloggia die große Ausschachtung von Zawiet el-Aryan und weist zurecht auf die Dringlichkeit hin, mit der hier Nachuntersuchungen notwendig sind. Über dieses Gebiet soll zukünftig die südliche Ringstraße von Kairo führen (d.h. dann wohl, daß der gegenwärtige militärische Sperrbezirk dort verschwindet, wie zuvor schon in Dahschur)! Übrigens war mir total neu, daß die Anlage 1954 für den Monumentalfilm "Land of Pharaos" von Howard Hawks freigelegt wurde (den ich nie gesehen habe). Ob die Schachtanlage da freigelegt zu sehen ist? Es folgt die Mastaba El-Faraun mit Luftbild, Rekonstruktion und Plänen von Maragioglio & Rinaldi und Lauer. So macht man das! Der Hinweis Vallogias auf die nie zu Ende gebrachten Grabungen Jequiers sollte dem einen oder anderen beim Nachdenken helfen, ob es nicht besser wäre hier etwas zu tun, statt sinnlose Löcher in die Cheopspyramide zu bohren! Die letzten beiden Seiten sind dem Grab der Khentkaus in Giza gewidmet - wiederum mit Plänen von Maragioglio & Rinaldi.

Miroslav Verner ist der Regel folgend für die "Pyramids of the Fifth Dynasty" zuständig. Hier gibt es wieder Pläne und Detailpläne, 3-Rekonstruktionen und zu jedem besprochenen Komplex eine herrliche Luftaufnahme. Vorbildlich! Dank dieser Luftaufnahmen konnte ich sogar ein paar ältere Fotos aus meiner Sammlung zuweisen. Zu den Pyramidenanlagen kommt auch die Besprechung der beiden bekannten Sonnenheiligtümer. Überhaupt nicht verständlich ist, daß es aus dem ganzen gewaltigen und beeindruckenden Fundus an schönen und bedeutenden Reliefs aus den Pyramidenbezirken und Sonnenheiligtümern nur drei als kleines Bild in diesen Beitrag geschafft haben. Eigentlich unfaßbar! Von diesen ganzen Pyramiden der 5. Dynastie gibt es auch nur zwei kleine Bilder aus Innenräumen, und die sind von Unas - also wiederum Motive, die es bereits reichlich gibt. Kurioserweise folgt nun gleich darauf ein Beitrag von Hawass und Verner über die "Surprising Abusir Blocks", aber keineswegs im Relief, sondern als Nachzeichung, die zwar sicherlich sehr nützlich ist, warum man aber in diesem vierseitigen Beitrag einen weiteren großen Platz für ein Foto mit reliefierten Sternen verwschwendet hat und aus all den berühmten Reliefs nur dieses eine herausgegriffen wird, will mir nicht klar werden.

Audran Labrousse ist der Mann der Stunde wenn es um die "Pyramids of the Sixth Dynasty" geht. Praktisch alles selbst ausgegraben und entdeckt und eben die Fortführung der Arbeiten von Maragioglio & Rinaldi publiziert, gehört er als Ägyptologe und Architekt sicherlich zu den bedeutendsten Pyramidenkennern. Es gilt alles oben bei Verner Gesagte, nur daß sich noch ein paar 3D-Rekonstruktionen dazu finden. So weit man das noch überblicken kann, ist der gezeigte Plan der Königinnenpyramiden bei Pepi I. der aktuelle, d.h., sieben Pyramiden, von denen zwei noch eine Nebenpyramide haben. Sechs Seiten widmet Labrousse zurecht dieser zwischenzeitlich gewaltigen Anlage.

Wer bei der Überschrift "The Decorative Program of Old Kingdom Pyramid Complexes" glaubt, daß Hawass hier die durchweg fehlenden Reliefs aus den Pyramidentempeln und Sonnenheiligtümern nachholt, der wird eine schwere Enttäuschung erleben. Vier Seiten, ein ganzseitiges Bild eine Nische unter der Pyramide Djosers, ein mikroskopisches Bild eines Reliefs aus der Mastaba von Nianch-Chnum aus Sakkara und ein Ausschnitt aus der einem Relief vom Aufweg des Unas - Ende, das war's! Die Beschreibung der wenigen Reliefs im Text ohne Bild ist für den normalen Leser nutzlos und überhaupt mehr als nur einfach unvollständig.

Wie zuvor Der Manuelian stellt Karol Mysliwiec die "Tombs of the Fifth and Sixth Dynasties at Saqqara" vor. Und so gilt alles dort Gesagt auch hier - inkl. der fehlenden Pläne und der phänomenalen Fotos! Der Artikel ist bedingt durch letzteres der längste im ganzen Buch. Ein Fest für's Auge, bei dem man sich nur wünscht, das eine oder andere mal eben im Kontext des Grabes zu sehen.

Damit verläßt der gewaltige Band das Alte Reich auf Seite 325 und Dieter Arnold bringt "The Pyramids of the Middle Kingdom". Das Prinzip von Verner und Labrousse wird dabei fortgesetzt. Hier gibts auch schon einiges an Material aus den neueren Grabungen von Arnold im Pyramidenbezirk von Sesostris III. in Dahschur. Ein paar ganz gute Rekonstruktionszeichungen verdeutlichen den etwas anderen Ansatz in der Architektur der Pyramiden des Mittleren Reiches. Und der Schmuck, den de Morgan hier einst fand, gibts auch abgebildet.

"The Tombs of the Nobles of the Middle Kingdom" beschreibt David P. Silverman. Der große Glanz der Fotos von Reliefs aus den Gräbern von Giza und Sakkara ist dahin - es scheint als hätte sich Araldo de Luca nicht bis dorthin bewegt um vergleichbare Szenen aus den weit über Ägypten verstreuten Gräbern zu schießen. Dafür gibts ganz plötzlich Pläne, Querschnitte und dreidimsionale Zeichnungen dieser Gräber! Übrigens fällt trotz nicht ganz passender Überschrift auch der Komplex des Mentuhotep von Deir el-Bahari in diesen Beitrag! Und warum die Gräber des Mittleren Reiches außerhalb der großen Nekropolen einen Platz in diesem band finden, die des Alten Reiches aber nicht, wissen die Götter.

Hourig Sourouzian schließt den Band ab und stellt sehr ausführlich die Royal and Private Statues of the Old and Middle Kingdom" vor. Gerade was die Funktion dieser Statuen betrifft, ist das mit das beste was ich dazu zusammenfassend kenne. Die Bebilderung ist wieder erstklassig.

Dem Band folgt ein Index und eine nach Kapiteln organisierte Bibliographie. Jedem Kapitel geht eine Beschreibung des Autors voraus! Der Fotonachweis folgt jeweils. Die Qualität der Bibliographien schwankt stark. Während z.B. Lehner zu seinem Thema Pyramidenbau alles nach Stichworten sortiert und wahrscheinlich auch alles bringt was man überhaupt nur dazu anführen kann, fehlt bei Allen sogar das Grundlegendste. Das Buch von Krauss "Astronomische Konzepte und Jenseitsvorstellungen in den Pyramidentexten" wird noch nicht einmal hier erwähnt. Die meisten Bibliographien sind sehr gut, und weil man damit fast immer an die relevante Literatur kommt, werten sie das Buch ungemein auf.

Vieles über das Buch klingt nicht gut und vieles ist auch nicht wirklich gut. Zu einer Gewißheit kann man sicher gelangen: Die "Pyramidenzeit" ist ein breites und tiefes Feld, das selbst als grobe Zusammenfassung längst nicht mehr in einen solchen Band paßt. Und diesem Band ist das bereits deutlich anzumerken. Eine andere sicher zu machende Feststellung ist, daß die ganzen bunten Bilder nicht darüber hinwegtäuschen können, daß Breite und Tiefe der Materie einem unvorbelasteten Leser nicht mehr wirklich verständlich nahegegracht werden können. Überhaupt schwebt beim Lesen die ganze Zeit die Frage herum, für wen dieses Buch geschrieben sein könnte. Der Anfänger ist praktisch chancenlos - besonders durch die immer wieder durchgereichten Widersprüche und auch sonst oft genug durch kryptische Darlegungen und fehlende Zeichnungen. Der mehr interessierte Leser wird schon bald dieselben Mängel feststellen wie der Rezensent. Der Titel möchte wohl gar andeuten, daß dies etwas für die an Treasures interessierten Society wäre - der Titel ist bei diesem Buch nämlich bereits die erste Panne. Was für "Schätze" denn?

Trotzdem muß man das Buch natürlich haben. Intuitiv wartet man ja schon auf den 2. Teil, in dem dann das steht was hier aus Platzmangel oder weniger nachvollziehbaren Gründen nicht mehr hineingepaßt hat. Soviel auch fehlt: man bekommt schließlich doch eine ganze Menge, und mit 50 Euro ist hier sicher nichts weg. Das Buch ist seit einigen Tagen nicht mehr lieferbar. Üblicherweise erscheinen Bände dieses Verlages aber bald in deutscher Übersetzung (Karl Müller Verlag, Frederking & Thaler).

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